Dicke Luft über dem Moseltal 29.09.2005
Uni-Forschungen belegen hohe Schadstoffbelastungen im Hafen – Anwohner besorgt und verärgert
TRIER-PFALZEL. Forschungen der Universität Trier belegen, dass der Stadtteil Pfalzel sowie umliegende Gemeinden unter einer erhöhten Luft-Schadstoffbelastung leiden. Professor Dr. Willy Werner referierte darüber auf Einladung des Bürgervereins Pfalzel.
Von unserer Mitarbeiterin GABRIELA BÖHM
Mehrmals täglich Dunstwolken über dem Trierer Hafen, die – je nach Windrichtung – gegen Pfalzel oder Ruwer ziehen: Solche Beobachtungen machen die betroffenen Bürger täglich. Welche Qualität die Luft in Pfalzel und Umgebung hat, war Thema eines Vortrags mit Diskussion. Uni-Professor Willy Werner, Fachbereich Geobotanik, gab ausführliche Erläuterungen, wie er in jahrelangen Forschungen zu dem für Pfalzeler Bürger und Anrainer unerfreulichem Ergebnis gekommen ist.
Bleiwerte haben erheblich zugenommen
Mit Hilfe von Pflanzen wie Grünkohl, Obstbäume, Brombeeren oder Baumflechten wurden in einem Monitoring-Verfahren die Luft-Schadstoffe gemessen, die sich auf der Pflanzenoberfläche ablagerten. Das Ergebnis der jahrelangen Analysen: Hohe Schwermetallbelastungen an einigen verkehrsnahen Stellen in Trier wie etwa mit Blei im Bereich Verteilerkreis.
"Es gibt eine signifikante Steigerung im Bereich Hafenstraße und Moselkai", sagte Werner. Die gemessenen Werte von Blei hätten "erheblich zugenommen", seit das Trierer Stahlwerk (TSW) wieder die Produktion aufgenommen hätte. Freilich sei das TSW als Verursacher nicht nachweisbar, es bestehe nur ein Verdacht.
Auch die Zink- und Cadmiumwerte seien im Hafengebiet hoch. Insgesamt sei das Zentrum der Schadstoffbelastung rund um den Pfalzeler Hafen, wobei infolge der Luftströme auch Ortsteile von Kenn und Ruwer betroffen seien. Überhaupt seien in Hinblick auf die schwierige Situation des Luftaustausches im Moseltal zwingend Messungen nötig. Aufgrund der publizierten Ergebnisse seiner Forschungen sei vor etlichen Jahren der Luftreinhalteplan entstanden. Allerdings sei ein Rückgang der Belastungen trotz Auflagen durch den Luftreinhalteplan vom Jahr 1995 nicht eingetreten. Jedenfalls dürften nach der Futtermittelverordnung im Bereich Hafenstraße und Moselkai Rinder und Kälber wegen der Schadstoffbelastung nicht weiden. Nach Angaben von Universitätsprofessor Willy Werner sind die gemessenen Blei- und Zinkwerte in standardisierten Graskulturen im Trierer Hafen um 60 Prozent höher als in den Vorjahren 2002/2003.
Werner bilanzierte seinen Vortrag vor den gebannten Zuhörern: "Es gibt eine nachweisbare Belastung durch Schwermetalle, vermutlich durch Stäube hervorgerufen, mit dem Schwerpunkt im Pfalzeler Hafen. Im benachbarten Wohngebiet ist die Belastung spürbar geringer, eine chronische Belastung ist aber nicht auszuschließen." Daher seien starke Überwachungen, klare Vorschriften und technische Maßnahmen für Umweltschutzvorkehrungen erforderlich. "Jeden Tag wird hier abgefackelt", stellte ein Rentner in der anschließenden Diskussion fest. "Wenn man dann die Behörden anruft, heißt es nur: ,Davon haben wir noch nichts gehört.’" Die angeblich nur aus Wasserdampf bestehenden Wolken über dem TSW würden "immer brauner", bestätigte ein anderer. Auch die Firma Steil wurde angeprangert.
"Wenn es von Behörden heißt, dass solche Anlagen heute dort nicht mehr genehmigt würden, warum baut man sie dann noch aus?", ärgerte sich einer. In Hinblick auf das ausgewiesene Neubaugebiet sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig, hieß es. Die Teilnehmer verständigten sich darauf, dass die Ortsbeiräte von Ruwer, Pfalzel und Ehrang sich gemeinsam des Umwelt-Problems annehmen sollten. Hans-Jürgen Wirtz vom Bürgerverein fasste zusammen: "Diese Ergebnisse waren also im Landesumweltamt bekannt – und das Gewerbeaufsichtsamt wusste von ihnen nichts."
STELLUNGNAHMEN 29.09.2005
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GERD GRÜN, Mitgeschäftsführer der Firma Theo Steil: "Uns ist bekannt, dass Messungen des Gewerbeaufsichtsamts in den letzten Monaten hohe Schadstoffwerte ergeben haben. Die Werte müssen im Hinblick auf verschiedene Faktoren wie Windrichtungen noch gedeutet werden und sollen Anfang November auf den Tisch kommen. Für den Umweltschutz machen wir alles das, was machbar ist. Schade, dass die Veranstaltung an uns vorbei lief. Wir sind jederzeit offen für Betriebsbesichtigungen und Gespräche."
ULRICH RASS, Mitgeschäftsführer des TSW: "Diese Studie ist mir absolut neu. Wenn sich Bürger beschweren wollen, wäre es ein Akt der Höflichkeit, wenn sie zuerst mit uns sprechen. Sämtliche Emissionswerte liegen im zulässigen Bereich. Dennoch wollen wir in eine neue Entstaubungs- und Filteranlage erheblich investieren. Die Aufträge sind noch nicht erteilt, ich rechne aber mit der neuen Anlage Ende 2006.
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