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                       Gesundheitsamt fordert Lebensmittelproben
                             30.01.2006

Schadstoff-Belastungen im Trierer Hafen und in Pfalzel: Verunsicherung der Anwohner wächst – Viele konsultieren den Arzt

TRIER. "Zum ersten Mal haben wir einen offiziellen Beleg, dass es im Hafengebiet und Pfalzel unerlaubte Schadstoffbelastungen gibt", kommentiert Hans-Jürgen Wirtz vom Pfalzeler Bürgerverein die jüngst veröffentlichen Messergebnisse des Landesumweltamts (der TV berichtete). Das Gesundheitsamt fordert Boden- und Lebensmittelproben in Pfalzel.

Von unserer Mitarbeiterin
GABRIELA BÖHM

Unter gesundheitlichen Aspekten bewerten Mediziner die Arbeitsbedingungen in den Firmen Trierer Stahlwerk (TSW) und Steil als kritisch. Die beiden Unternehmen gelten gemäß des Gutachtens des Landesumweltamts (LUWG) als mögliche Verursacher der Schadstoffbelastungen. Blei, Cadmium, Dioxine, Furane, PCB – das sind die Stoffe, denen Hafenbedienstete und Pfalzeler Anwohner laut LUWG ausgesetzt sind.

Der erhöhte Bleiwert könne langfristig zu Veränderungen im Blutbild, Nierenschäden und zu Intelligenzdefiziten führen, erläutert der Leiter des Trierer Gesundheitsamts, Harald Michels, auf TV-Anfrage. Besonders Kinder seien betroffen, die im Vergleich zu Erwachsenen das Fünffache an Blei aufnähmen. "Wir waren bislang nicht eingeschaltet", sagt Michels. Er habe sich "wie jeder Bürger" im Internet über das Gutachten informiert. "In Absprache mit dem Ordnungsamt empfehle ich, Proben von Böden und Lebensmitteln aus den Gärten zu ziehen."

Ein Ruwerer Bürger hat bereits privat die Bleiwerte seines Salats im Garten "Auf dem Schälenberg" im Oktober 2005 durch ein Labor bestimmen lassen. Das Ergebnis, das der TV einsehen konnte: "Der Bleiwert ist doppelt so hoch wie der Richtwert für gewaschenes Blattgemüse." Das Gutachten des Landesumweltamtes hatte für Ruwer keine Belastungen ausgesagt.

"Jede Menge, auch schwerstkranke" Patienten aus den betroffenen Betrieben konsultieren derzeit den Trierer Nervenarzt Peter Binz. Die Belastungen beispielsweise durch das TSW würden herunter gespielt, meint Binz. Die Blutbleiwerte von Patienten seien nach der Wiederaufnahme des Betriebs um das Drei- bis Sechsfache des erlaubten Werts gestiegen. Mit Muskelnervenschäden, Schlafproblemen und Entzündungen litten die Betroffenen unter Berufskrankheiten, die von Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst lapidar in "psychogene Schäden" umformuliert würden, so Binz. "Die Spätfolgen sind alle dosisunabhängig", meint Binz.

Von "extremen Bedingungen, vor allem nachts" berichtet ein ehemaliger Arbeiter des TSW. "Wahllos abgekippter, unsortierter Schrott, dazu dichter, beißender Qualm, der einen nach Luft schnappen lässt." Betriebsprüfungen seien "immer angekündigt" worden. "Wir gehen aufgrund der Messergebnisse davon aus, dass die alte Genehmigung für das TSW aufgehoben wird. Eine neue müsste zeitgemäß angepasst werden", sagt Hans-Jürgen Wirtz vom Bürgerverein. Dieser ist vor allem über die Schlackemengen, die auf dem Gelände des TSW unter freiem Himmel zerkleinert und gelagert werden, besorgt. Private Analysen hätten schon vor Jahren eklatante Abweichungen zu den behördlichen Vorgaben ergeben. Die Umbau- und Erweiterungspläne des TSW sähen eine weitere Annäherung der Schlackeberge an Pfalzel vor.

Im Hafen arbeiten rund 3000 Beschäftigte, knapp genauso viele Bürger leben im Stadtteil Pfalzel. Volker Klassen, Prokurist der Trierer Hafengesellschaft, kann die Vorwürfe gegen Steil und das TSW nicht verstehen. "Eine Umweltbelastung gibt es. Aber wir stellen für 3000 Leute Arbeitsplätze zur Verfügung."

Noch liegt keine endgültige Genehmigung für den Umbau und die Erweiterung des Trierer Stahlwerkes (TSW) vor. Dennoch werden nach Ansicht des Bürgervereins "bauliche Fakten" geschaffen, in dem jetzt eine neue Zufahrt für das TSW gebaut wird – was ein erhöhtes Verkehrsaufkommen für Pfalzel bedeuten könnte.Foto: Gabriela Böhm

                        Präzise aufklären!  von Jörg Pistorius
                              30.01..2006

Es ist höchste Zeit, dass genau und präzise geklärt wird, ob und wie sehr die Pfalzeler durch Schadstoffe gefährdet werden und woher diese Schadstoffe kommen. Das Landesumweltamt ist dabei bedauerlicherweise keine große Hilfe. Die Luftverunreinigung weise generell keine erhöhten Werte auf, meldete die Behörde. Zu hohe Niederschläge einzelner Schadstoffe wurden in einen Nebensatz verbannt, als seien sie angesichts eines positiven Gesamtergebnisses nicht weiter wichtig.

Dabei hat eine Forschungsgruppe der Fachhochschule Trier die Schadstoffbelastungen über Jahre hinweg gemessen und erhebliche Steigerungen einzelner Werte festgestellt. Die Menschen in Pfalzel machen sich Sorgen, die sich mit Sicherheit nicht durch offenbar geschönte Meldungen aus Mainz in Luft auflösen werden. Die Schwerindustrie im Trierer Hafen wird es sich gefallen lassen müssen, dass man sie näher unter die Lupe nimmt. Die Schaffung von 3000 Arbeitsplätzen ist zwar unschätzbar wertvoll, aber kein genereller Freibrief, die Umwelt und die Anwohner der benachbarten Stadtteile belasten und gefährden zu dürfen.

j.pistorius@volksfreund.de

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